Schnittreife • Lagerung • Anschnitt • In der Vase
Wichtig für die zukünftige Lebensdauer
einer Schnittblume ist vor alle auch der richtige Anschnitt. Allerdings
kann man hier leider nicht von „der“ richtigen Technik sprechen – die
Anforderungen unterscheiden sich von Pflanze zu Pflanze, und man muss den
richtigen Trick kennen, damit man dafür sorgen kann, dass man an einer
Blume lange Freude hat.
Dieses
Wissen lohnt sich nicht nur für Menschen, die Blumen aus dem eigenen
Garten schneide wollen – der richtige Schnitt kann auch dabei helfen, eine
gekaufte Blume länger am Leben zu halten, wenn man den Stengel
nachschneidet und so eventuellen Problemen, die eine vorzeitige Welke
verursachen können, entgegen wirkt.
Die
Methode, die man heute für die meisten Blumen als am besten geeignet
ansieht ist der schräge Anschnitt. Auf diesem Wege kann man eines der
großen Probleme bei der Aufbewahrung von Schnittblumen zumindest teilweise
umgehen: nämlich die Begrenzung der Wasseraufnahme durch den Querschnitt
des Stengels.
Eine Schnittblume kann offensichtlich nicht mehr Wasser aufnehmen, als es
die angeschnittene Fläche ihres Stengels zulässt. Schneidet man hier
einfach gerade ab, erhält man einen gewöhnlichen Querschnitt, der
natürlich kleiner ist als die Fläche, die man bei einem schrägen Anschnitt
erzeugt. Stellen sie sich ein rundes Stück Holz vor, welches man schräg
abschneidet – hier sieht man leicht, dass die Fläche größer ist als wenn
man das Stück Holz gerade abgeschnitten hätte.
Die große
Oberfläche hat gleich mehrere Vorteile: zum Einen wird ein maximaler
Wassersog der Pflanze erreicht, während gleichzeitig die vergrößerte
Oberfläche die Verstopfung der Pflanzenkanäle durch Mikroorganismen oder
anderen negative Einflussfaktoren erschwert.
Ein
schräger Schnitt geht durch die gesamte Breite der Sprossachse.
Heute
sieht man eine besondere Maßnahme für die Behandlung von holzigen
Sprossachsen als sinnvoller an: das Spalten der Sprossachse oder das
Abschälen der Rinde kann auch bei solchen Schnittblumen angewandt werden,
die sich für den schrägen Anschnitt nicht besonders eignen. Diese Methoden
werden bei den unteren fünf bis zehn Zentimetern des Stengels angewandt,
wodurch die wasseraufnehmende Fläche erhöht wird – das Wasser kann nun
auch seitlich in die Sprossachse eindringen.
Dadurch
haben diese beiden Methoden im Wesentlichen die gleichen Vorteile wie der
schräge Anschnitt, der sich allerdings für einige holzige Sprossarten
nicht sehr eignet.
Weniger
wichtig ist die früher zum Beispiel bei Flieder verbreitete Methode des
Anklopfens. Bei dieser Methode werden holzige Sprossachsen mit einem
Hammer angeklopft, um sie weicher und aufnahmefähiger zu machen. Diese
positiven Auswirkungen werden allerdings durch ein Vielzahl von Problemen,
die diese Methode mit sich bringt, zunichte gemacht.
Einerseits wird eine Vergrößerung der wasseraufnehmenden Fläche direkt
wieder zunichte gemacht; außerdem entstehen große Mengen an Zellschutt,
die nicht nur selbst die Kanäle verstopfen können, sondern außerdem noch
begehrte Nahrung für Mikroorganismen sind, so dass die Gefahr für eine
vorzeitige Welke durch eine Verstopfung der Pflanzenkanäle doppelt hoch
ist. Als Laie kann man diese selten sinnvolle und daher schwierig
einzusetzende Methode eigentlich getrost wieder vergessen.
Eine
ebenfalls für den Laien meist nicht sinnvolle Methode ist das Einschneiden
oder Einritzen, ein relativ aufwändiges Verfahren, welches im Vergleich
zum erzielten Ergebnis meist nur wenig Sinn macht. Angewandt wird es zum
Beispiel bei Alpenveilchen oder Christrosen, doch da dieses Verfahren
(welches das gleiche Ziel hat wie das Spalten oder Abschälen der Rinde)
relativ kompliziert zu lernen ist, wollen wir hier nicht weiter darauf
eingehen.
Eine sehr
spezielle Methode, die man nur für wenige Pflanzenarten wie zum Beispiel
die Narzisse benötigt ist das Ausschleimen. Pflanzen, die in ihrem Schleim
giftige Stoffe enthalten, die der Pflanze schaden können, werden durch
diese Methode von den Giftstoffen gereinigt. Man schneidet diese Pflanzen
an und stellt sie für einen gewissen Zeitraum in ein separates Gefäß,
welches das Gift aufnimmt und so die Schnittblumen dieser schädlichen
Flüssigkeit nicht länger als nötig aussetzt. Früher galt die Maßgabe, dass
Ausschleimen am besten für einen Zeitraum von 24 Stunden erfolgen sollte,
doch reicht in der Praxis meist auch eine weitaus kürzere Zeit aus (manche
Floristen gehen in der Tat davon aus, dass man eine Narzisse in einer
einzigen Stunde ausschleimen kann).
Genauso
speziell ist die selten angewandte Methode des Anbrennens oder Abkochens.
Diese Methode ist wichtig für Pflanzen, die nach dem Anschnitt viel
Milchsaft verlieren; durch das Anbrennen kann man den Ausfluss stoppen und
so weiteren Saftverlust vermeiden. Man stellt dabei das Sprossachsenende
in fünf Zentimeter hohes, kochendes Wasser und lässt es für ungefähr zehn
Sekunden in dieser Flüssigkeit. Diese Methode stoppt den Milchsaftausfluss
recht zuverlässig bei Pflanzen wie Mohn oder Euphorbien.
Auch wenn
die letzten beiden Methoden streng genommen nicht zum Anschnitt gehören,
sind sie doch ob ihrer Notwendigkeit nach dem Anschnitt eng mit diesem
verbunden.
Genauso
verhält es sich mit dem Auffrischen, eine Maßnahme, die ebenfalls nicht
zum Anschnitt gehört und die dennoch viel damit zu tun hat. Auffrischen
ist immer dann ratsam oder erforderlich, wenn sich eine Blume trotz eines
korrekten Anschnitts nur langsam erholt. Man wickelt die Pflanze dann in
Papier und stellt sie für einen gewissen Zeitraum (üblicherweise zwischen
zwei und zwölf Stunden) in ungefähr 40 Grad Celsius warmes Wasser. Die
Raumtemperatur sollte bei diesem Verfahren zwischen fünf und zehn Grad
Celsius betragen, je nach Pflanzenart. Durch das warme Wasser wird der
Pflanze mehr Sauerstoff zugeführt, was ihrer Entwicklung meist zuträglich
ist. Allerdings sollte man beim Auffrischen darauf achten, dass die
Pflanze nicht zu weit ins Wasser gestellt wird – in diesem Fall könnten
die negativen Auswirkungen des Wasserkontakts wie Fäulnis, Phenolbildung
oder die Vermehrung von Mikroorganismen überwiegen.